Cover Kurzgeschichte - Zum Scheitern verurteilt

Beschreibung der Kurzgeschichte

Tauche ein in die düsteren Hallen der Akademie, wo der Mutige sich den Riten des Blutes und der Knochen stellt. Begleite Nerak Werrik auf seinem Weg durch die Prüfungen, die ihn in die Katakomben der Vergangenheit und die Schatten seiner Seele führen. Im Schutz der tiefen Schatten trifft er auf Aufseherin Regha, deren kalte Sternaugen die tiefsten Geheimnisse wahren.

Ritual der Zukunft

In den abgelegenen Winkeln der Akademie fand ich Aufseherin Regha, eine Wächterin, deren Augen wie kalte Sterne in der Dunkelheit funkelten. Vondur Draiin hatte mich für eine weitere Prüfung zu ihr geschickt. Als ich Aufseherin Regha gegenüberstand, war ihre Gestalt umhüllt von den tiefen Schatten des Raumes. Ihre tiefe Stimme schien die jahrtausendealten Steine zum Vibrieren zu bringen.

„Nerak Werrik, du bist weit gekommen, um die verborgenen Geheimnisse zu lernen, die nur wenigen vorbehalten sind“, begann sie, ihr Blick fest auf mich gerichtet. „Deine bisherigen Leistungen sind beachtlich, doch die wahren Prüfungen haben bislang nicht begonnen.“ Ich senkte respektvoll meinen Kopf und antwortete: „Ich bin bereit, Aufseherin. Was auch immer diese Prüfungen von mir fordern mögen, ich werde mich ihnen stellen.“

„Die alten Wege, die wir hier bewahren, verlangen mehr als bloße Kampfkunst oder die Beherrschung deiner Fähigkeiten“, fuhr sie fort. „Das Ritus des Blutes und der Knochen wird deine wahre Essenz offenbaren. Bist du bereit, dich den Schatten deiner Seele zu stellen und daraus gestärkt hervorzugehen?“

„Ich bin bereit“, erwiderte ich entschlossen, auch wenn ich nicht wusste, was mir bevorstehen würde. „Was muss ich tun?“ Regha trat einen Schritt vor, ihre Augen schimmerten im Dämmerlicht. „Hinter diesen Mauern befindet sich ein Altar, geschmückt mit den Schädeln derjenigen, die gescheitert sind. Du wirst dort hingehen und einen Schädel nehmen. Dieser Akt symbolisiert die Übernahme der Last all jener gescheiterten Seelen. Doch sei gewarnt, die Mhyracks, Wächter dieser heiligen Halle, werden dich nicht kampflos gehen lassen. Sie sind die Prüfer deiner Entschlossenheit.“

„Und wenn ich diesen Teil der Prüfung bestehe …“, begann ich, doch Regha hob ihre Hand, um mich zu unterbrechen. „Wenn du mit dem Schädel unversehrt zurückkehrst, wirst du ihn in das Becken des Blutes tauchen. Das Blut wird dann dein Schicksal offenbaren und ich werde die Zeichen deuten. Bedenke, dass jeder Tropfen Blut seine eigene Bedeutung trägt.“

Auf ihr Geheiß hin betrat ich die Katakomben hinter ihr. Nachdem ich mir einen Weg durch das verzweigte Labyrinth gesucht hatte, erreichte ich eine Kammer, die mit unzähligen Schädeln geziert war, stumme Zeugen unzähliger gescheiterter Hoffnungen. Jeder von ihnen erzählte eine Geschichte des Mutes – und des ultimativen Versagens.

Als ich vorsichtig einen der alten, verwitterten Schädel vom Altar hob, durchschnitt ein durchdringendes Kreischen die Stille der Kammer. Die Mhyracks, jene schrecklichen Kreaturen, vor welchen mich Regha gewarnt hatte, stürzten sich aus den dunklen Winkeln der Halle auf mich herab. Ihre schillernden Augen glühten vor Hunger und Grausamkeit, während sie mit ihren rasiermesserscharfen Klauen durch die Luft schnitten.

Ich zog mein Kryschwert, dessen rote Klinge in der Dunkelheit einen unheilvollen Schein verbreitete. Die ersten Mhyracks erreichten mich in einem wütenden Sturm aus Zähnen und Klauen. Mit einer geschmeidigen Drehung meines Körpers ließ ich das Schwert kreisen und schnitt durch die Körper der herannahenden Bestien. Die Energie der Klinge zischte beim Kontakt mit ihrer Haut, und der Geruch von verbranntem Fleisch erfüllte die Luft.

Doch die Kreaturen waren zahlreich, und ihr Ansturm war unerbittlich. Einer der Mhyracks, größer und offensichtlich älter als die anderen, stieß einen besonders schrillen Schrei aus und stürzte sich mit ausgebreiteten Klauen auf mich zu. Ich parierte seinen Angriff mit meinem Schwert und setzte einen schnellen Stoß direkt in sein offenes Maul. Das Wesen fiel zu Boden, doch die anderen ließen sich nicht abschrecken.

Ich nutzte meine Vondurkräfte, spürte, wie die Energie durch meine Adern pulsierte und mir zusätzliche Stärke verlieh. Mit einer ausgestreckten Hand schleuderte ich einen der kleineren Mhyracks gegen die steinerne Wand der Kammer. Sein Körper krachte mit einem dumpfen Knall gegen die Mauern, worauf hin er sich nicht mehr rührte.

Dann nutzte ich meine Fähigkeiten, um mehrere Shyracks gleichzeitig in die Luft zu heben. Sie strampelten und kreischten, unfähig, sich gegen den unsichtbaren Griff zu wehren. Mit einer schnellen Bewegung meiner Hand schleuderte ich sie gegeneinander, was ein chaotisches Knäuel aus Gliedmaßen und wütenden Schreien erzeugte. Ich warf meine Klinge rotierend auf den schwebenden Haufen, lenkte das Schwert mit meinen Kräften und halbierte das Gewirr. Als der Schwergriff wieder sicher in meine Hand zurückkehrte, widmete ich mich den restlichen Kreaturen. Einer nach dem anderen fielen die Mhyracks unter den präzisen, tödlichen Schlägen meines Kryschwerts. Mit jedem gefallenen Feind wuchs meine Entschlossenheit, und ich fühlte, wie die Energie des Universums durch mich hindurchflutete, mir sowohl Kraft als auch Klarheit verlieh. Schließlich, als der letzte Mhyracks mit einem letzten, verzweifelten Jaulen zu Boden sank, atmete ich auf.

In der nun wiederkehrenden Stille der Kammer stand ich, das Kryschwert noch immer in meiner Hand, und betrachtete die zerstückelten Körper um mich herum. Mein Herz schlug heftig, doch ich wusste, dass ich diese Herausforderung gemeistert hatte. Mit einem dem Schädel in der Hand kehrte ich zum Blutbecken zurück, bereit, das Ritual zu vollenden. Anschließend kehrte ich zu Regha zurück. Sie betrachtete die Blutspuren auf meinem Gewand und auf dem Schädel und las daraus meine Zukunft. „Diese Spuren“, sagte sie langsam und deutete auf die blutigen Zeichen an meinem Gewand und dem Schädel, „sie sind nicht bloß zufällige Muster. Sie erzählen eine Geschichte, deine Geschichte. Und in ihnen liegt eine Prophezeiung versteckt, die nur für dich bestimmt ist.“

„Was genau bedeuten diese Zeichen, Aufseherin?“, fragte ich, bemüht, meine Stimme ruhig zu halten, doch innerlich brannte ich vor Ungeduld. „Die Art, wie das Blut geflossen ist, die Richtung seiner Bahn …“, sie zögerte, als müsste sie die richtigen Worte aus einem Meer von Möglichkeiten fischen, „es zeigt, dass du ein mächtiger Anführer sein wirst, aber für deinen Aufstieg benötigst du ein Wesen. Eins, dass du erst formen musst. Ein kleines, bedauernswertes Geschöpf, das in deinem Schatten wachsen und gedeihen wird. Du wirst es nach deinem Bild formen, und es wird der Schlüssel zu deinem Erfolg sein.“

„Ein Geschöpf?“, wiederholte ich, während in meinem Kopf Bilder von den verschiedensten Kreaturen aufblitzten, die ich während meiner Ausbildung gesehen hatte. „Wo finde ich dieses Wesen? Wie werde ich wissen, dass es das richtige ist?“ Regha neigte den Kopf, und ihr Blick wurde noch undurchdringlicher. „Es wird zu dir kommen, wenn die Zeit reif ist. Du musst wachsam sein, Nerak. Das Schicksal wird es dir vor die Füße legen, vielleicht in einer Gestalt, die du zunächst nicht erkennen wirst. Deine Aufgabe wird es sein, seine wahre Natur zu sehen und das Potenzial, das es in sich birgt.“

„Und wie werde ich es formen?“, hakte ich nach, der Gedanke an diese geheimnisvolle Aufgabe ließ mein Herz schneller schlagen. „Du wirst ihm deine Stärken und deine Schwächen lehren, deine Kunst und deine Furcht. Durch dich wird es lernen, durch dich wird es sich entwickeln. Und in seiner Entwicklung wirst du deinen eigenen Weg zum Erfolg finden.“

Ihre Worte hallten in mir nach, während ich darüber nachdachte, wie ich mich dieser ungewöhnlichen und unerwarteten Herausforderung stellen sollte. Der Gedanke, ein Wesen zu formen, das so entscheidend für meine Zukunft sein sollte, war ebenso beängstigend wie faszinierend.

„Verstehe ich richtig, Aufseherin, dass meine Zukunft von diesem Wesen abhängt?“, fragte ich, bemüht, die volle Tragweite ihrer Worte zu erfassen. „Genau so ist es, Nerak“, bestätigte Regha mit einem kaum merklichen Lächeln. „In der Dunkelheit unserer Welt sind Meister und Schüler oft eins, verbunden durch das Schicksal und die Lehren, die sie teilen. Bereite dich darauf vor, sowohl zu lehren als auch zu lernen.“

Mit dieser neuen Bestimmung verließ ich die Kammer der Aufseherin, entschlossen, das kommende Rätsel zu entschlüsseln und das verborgene Potenzial in mir zu entfalten.