Cover Kurzgeschichte - Zum Scheitern verurteilt

Beschreibung der Kurzgeschichte

Folge Legatin Elara Velice, einer mutigen und diplomatisch geschickten Verhandlerin, die zwischen den Fraktionen einer rauen interstellaren Gesellschaft agiert. Ihr neuester Auftrag führt sie auf den Planeten Sullast, wo sie versucht, die grausame Sklaverei von Frauen und Kindern durch den Einsatz von Arbeitseinheiten zu ersetzen. Inmitten von Intrigen muss Elara gekonnt durch Verrat und politischen Machtspielen navigieren.

Zum Scheitern verurteilt

„Legatin Velice, Ihre Idee gefällt mir“, sagte der Vondur im Hologramm, welches von dem Würfel in meiner Hand projiziert wurde. „Es wird nur eine Herausforderung sein, den Gouverneur zu überzeugen. Er hasst die Sklaven und möchte sie leiden sehen. Ihr Vorschlag, Roboter, statt den Kindern und Frauen, arbeiten zu lassen, wird ihm nur wenig Freude bereiten.“

Ich war mir der Herausforderung bewusst, aber ich war bereits so weit gekommen, dass ich die Zustimmung des Aufstandsanführers und meines Auftraggebers hatte. Den Gouverneur würde ich nun auch noch überzeugen können. „Wie viele Arbeitsroboter können wir für den Tauschhandel auftreiben?“, fragte ich Vondur Limiona. „Hmm“, murmelte er und rieb sich das Kinn, „wir könnten eventuell Zehntausend aus unseren Beständen auftreiben, ohne dass wir anderswo nennenswerte Einbußen hätten. Für jeden weiteren müssten wir mehr bezahlen, als die Sklaven wert sind.“

Etwas verwundert blickte ich zu ihm und fragte: „Was ist denn der Wert eines Sklaven?“ Das kommt darauf an, wofür dieser eingesetzt werden soll. Da wir Arbeitssklaven erhandeln, hängt der Preis von ihren körperlichen Leistungen ab. Die Frauen und Kinder, um die es geht, werden jeweils kaum mehr als tausend CEX wert sein.“ Eintausend CEX für das Leben eines Menschen? Das war erschreckend. Dafür hätte ich mir nicht mal eine Unterkunft für einen Monat mieten können.

Ohne mir mein Entsetzen anmerken zu lassen, fuhr ich fort: „Und was passiert mit ihnen, sobald wir sie befreit haben?“ Martin Limiona, antwortete etwas genervt: „Ich spüre Eure Besorgnis um ihr Wohlergehen. Die Limiona Familie wirft Eigentum nicht einfach weg. Jedoch könnt Ihr Euch sicher sein, dass es ihnen deutlich besser gehen wird, sobald sie vom Planeten Sullast runter sind. Und nun an die Arbeit.“

„Eine Sache wäre da noch“, sagte ich, bevor der Vondur die Übertragung beenden konnte „Und die wäre?“, fragte der Mann hörbar verwundert. „Die Ansichten meines Assistenten Simon sind fragwürdig. Ich würde mir wünschen, einen anderen Assistenten aussuchen zu dürfen“, erklärte ich. „Hat das mit seiner Einstellung zu den Sklaven zu tun?“, fragte das Hologramm.

Auch wenn mir klar war, dass für einen Vondur die Sklaverei nichts Verwerfliches war, musste ich meinen Unmut über Simons Verhalten kundtun: „Ja, aber vor allem, dass durch seine Einstellung beinahe die Verhandlungen geplatzt wären. Jemanden, der seine Ideologie über die Diplomatie setzte, kann ich nicht gebrauchen.“ Der Vondur hielt sich nachdenklich das Kinn. Ich war mir nicht sicher, ob er nachdachte oder versuchte meine Gedanken zu lesen, so wie er es auf Alandor getan hatte. „Nun gut“, meinte er schließlich, „sobald ihr mit dem Auftrag auf Sullast fertig seid, werde ich Euch einen neuen Assistenten zuweisen. Bis dahin müsst Ihr Euch mit Simons Unterstützung zufriedengeben.“

„Vielen Dank, mein Vondur“, sagte ich und deutete eine Verbeugung an. Ohne eine Verabschiedung beendete der Mann die Übertragung und das Hologramm erlosch. Nun musste ich nur noch den Gouverneur vom Planeten Sullast davon überzeugen, die Frauen und Kinder, die in den Fabriken als Sklaven schufteten, gegen deutlich leistungsstärkere Roboter zu tauschen. Ich deaktivierte den würfelförmigen Holokommunikator und steckte ihn in meine Tasche. Mein Blick schweifte über die Umgebung zu meinem Gleiter, in welchem mein Chauffeur wartete. Ich hatte mich dazu entschieden, das Gespräch mit Vondur Limiona nicht im Fahrzeug zu führen, sondern den Gleiter-Piloten gebeten, mich zu einer abgelegenen Seitengasse herauszulassen. Ich war mir nicht sicher gewesen, wie der Vondur auf meine Idee reagieren würde und ich wollte es nicht riskieren, dass mein Pilot eine eventuelle Standpauke mitbekam.

Während ich zurücklief, wich ich den dunkelfarbigen Pfützen aus und stieg anschließend ins Fahrzeug. „Bringen Sie mich zum Gouverneur“, befahl ich knapp, schloss die Tür und lehnte mich zurück. „Sehr wohl, Ma’am“, bestätigte der Chauffeur. Der Gleiter beschleunigte sanft und gewann an Höhe. Wir flogen über die verschiedenen Fabrikkomplexe hinweg und steuerten auf einen großen Turm zu, der weit über die anderen Gebäude hinausrage. Es war typisch für die Residenzen der Regierenden, dass diese aus der Umgebung herausstachen und ein solch hohes Gebäude, sah ich definitiv nicht zum ersten Mal bei einem Gouverneur.

Nach ein paar Minuten erreichten wir die erhöhte Landeplattform und leiteten den Sinkflug ein. Noch bevor der Gleiter vollständig aufsetzte, öffnete ich die Tür und trat hinaus. Eine ältere Frau trat mir entgegen und sagte: „Willkommen Legatin Velice, der Gouverneur wartet bereits auf Sie.“ Ich nickte und folgte der Dame durch mehrere mit Samtteppich ausgelegte Gänge, bis sie vor einer großen Pforte stehen blieb. Nachdem sie diese geöffnet hatte, trat ich ein und fand mich in einem großen Raum wieder, der mit verschiedenen Möbeln und Pflanzen bestückt war. Das Büro des Gouverneurs.

Er saß auf einem Sessel und war gerade dabei, eine Zigarre zu rauchen. „Ah, Legatin Velice, willkommen auf Sullast. Ich hoffe, wir können diese Angelegenheit schnell klären, ich habe einiges zu tun“, meinte der ältere Mann und streifte etwas Asche seiner Zigarre ab. „Das sehe ich“, murmelte ich, so leise, dass er es nicht hören konnte und fuhr etwas lauter fort, „Ich habe bereits mit den Aufständischen gesprochen und einen Deal ausgehandelt.“

Der Mann blicke mich an und zog die Augenbrauen ungläubig hoch. „Setzen Sie sich“, sagte er mit einem befehlenden Tonfall und zeigte auf die Couch ihm gegenüber. „Die Limiona Familie wird Arbeitsdroiden bereitstellen“, sagte ich. „Wieso kommen so hübsche Frauen wie Sie immer gleich zur Sache?“, fragte mein Gegenüber und musterte eindeutig meinen Körperbau. Etwas angeekelt fuhr ich fort: „Es werden zehntausend Roboter für die Arbeiten bereitgestellt, kostenlos natürlich. Im Gegenzug haben wir den Aufständischen versprochen, pro Roboter einen Sklaven in die Dienste der Limiona Familie zu stellen.“

Der Gouverneur blickte misstrauisch. „Sie verhandeln tatsächlich mit diesen Tieren?“, fuhr es aus ihm heraus. „Sir, ich biete ihnen einen perfekten Tauschhandel an. Sie geben uns Arbeitssklaven, vorzugsweise Frauen und Kinder und im Gegenzug erhalten sie deutlich produktive und wertvollere Droiden. Damit wären die Aufstände abgeblasen und es wäre für alle Beteiligten ein Gewinn.“

Der Gouverneur schüttelte den Kopf und meinte: „Ein cleverer Plan, doch so leicht lasse ich mir meine Sklaven nicht abschwatzen.“ Verwundert entgegnete ich: „Sir, ich möchte Sie nicht übers Ohr hauen, ein Roboter ist in der Produktivität sicherlich fünf Sklaven wert, das ist für Sie ein perfekter Deal.“ Der Mann grinste, blickte mir in die Augen und anschließend langsam an mir herunter. „Wie wäre es, wenn Sie noch etwas drauflegen würden? Eine Kleinigkeit? Etwas Persönliches?“ Am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte ihm eine Ohrfeige verpasst, doch ich beherrschte mich. Es war nicht das erste Mal, dass ein Mann so mit mir sprach. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die mächtigen Politiker meist noch schmieriger waren, als die besoffenen Piloten am Raumhafen.

Mit diplomatischer Ruhe und etwas undiplomatischer Arroganz, sagte ich: „Das kommt nicht infrage. Das Angebot über die Roboterlieferung steht und Sie sollten es annehmen, bevor die Limiona Familie es wieder zurückzieht.“ Der Mann schüttelte enttäuscht den Kopf. „Sie verstehen wirklich kein bisschen Spaß“, grummelte er, „Wie dem auch sei, das Angebot werde ich ausschlagen müssen.“

Langsam nervten mich seine Spielchen. Der Tauschhandel war perfekt, warum musste er seine Machtposition nur so ekelhaft genießen? „Ich habe den Aufstand auf meine Weise geregelt“, fuhr er nach einer kurzen Pause fort. Bei diesen Worten wich mein höfliches Lächeln endgültig aus meinem Gesicht. „Wie meinen Sie das?“, fragte ich, unsicher, ob ich die Antwort hören wollte. „Als Sie mit dem Anführer der Aufständischen gesprochen haben, hat der Schützende Geheimdienst das Hologespräch zurückverfolgt. Es war übrigens sehr freundlich von Ihnen gewesen, dafür extra nach Sullast zu reisen.“

Wütend stand ich auf und rief: „Sie haben das Gespräch einer Diplomatin belauschen lassen?“ Der Mann grinste und erklärte: „Ach kommen Sie, Sie wissen ganz genau, dass der Geheimdienst das darf. Nachdem die Verbindung zurückverfolgt wurde, konnten die Agenten den Aufenthaltsort aufspüren. Vermutlich schlagen sie in genau diesem Moment zu.“

Ich fasste es nicht, was ich da hörte. Meine Bemühungen waren völlig umsonst gewesen. Genaugenommen hatte das bereits vor meiner Ankunft festgestanden. Wut machte sich in mir breit. Ich hasste es, benutzt zu werden, doch so war nun mal das Spiel der Diplomatie. Hinterhältigkeit und Intrigen lauerten überall, doch ich hatte nicht damit gerechnet, auf Sullast in eine dieser Fallen zu tappen.

„Was ziehen Sie nur für ein Gesicht, seien Sie doch froh! So muss die Limiona Familie keinerlei Roboter bereitstellen, spart sich einen Haufen Geld und der Aufstand ist niedergeschlagen“, meinte er und nahm einen letzten Zug aus seiner Zigarre, „Und jetzt haben wir endlich etwas Zeit uns kennenzulernen.“ Er legte seine Zigarre zur Seite und streckte seine Hand aus, doch noch bevor er mein Bein berühren konnte, schlug ich diese kraftvoll zur Seite und stand auf. „Sie widern mich an“, blaffte ich und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.