Buchcover - Verdeckte Bedrohung

Beschreibung der Kurzgeschichte

Diese Science-Fiction & Fantasy Kurzgeschichte handelt von der Legatin Elara Velice, eine junge Diplomatin der Schützenden Hand, welche in das Anwesen der Limiona Familie gerufen wird. Dort empfängt sie einer der einflussreichsten Vondur der Galaxis und erteilt ihr einen ungewöhnlichen Auftrag. Was der Vondur verlangt, ist nicht nur seltsam, sondern widerspricht allem, was Elara über die Machenschaften der Vondur zu wissen glaubte. Und noch viel schlimmer: Der Auftrag könnte bedrohliche Folgen haben!

Verdeckte Bedrohung

Vereinzelte Schneeflocken fielen lautlos hinter der faustdicken Glasscheibe in die Tiefe. Auch wenn es noch früh am Morgen war, konnte ich aus dem Panoramafenster im zweihundertdreizehnten Stock, das rege Treiben erkennen, das sich unten abspielte. Hunderte Gleiter flogen auf den vorgegebenen Routen und bildeten den Berufsverkehr. Auf den Straßen stapften vereinzelte Personen und mehrere Roboter durch den frischen Schnee. Von hier oben waren sie jedoch nicht mehr als schwarze Punkte in weißen Straßen.

Ich mochte diesen Planeten. Zwar war ich hier nicht aufgewachsen, aber ich kannte mich auf Alandor besser aus, als die meisten. In Gedanken versunken schweifte mein Blick über die Stadt, die erst weit in der Ferne in einen ebenfalls schneebedeckten Wald überging. “Legatin Velice, Vondur Limiona empfängt Sie nun”, ertönte eine mechanische Stimme hinter mir. Ohne mich umzudrehen, wusste ich, dass diese dem neuen Assistenzroboter gehörte, der für den Empfang der Gäste zuständig war. “Dann sollten wir ihn nicht warten lassen”, meinte ich, richtete meine weiße-violette Uniform und folgte dem Droiden durch einen langen Gang.

Merklich angespannt betrat ich das Büro des Vondurs Martin Limiona. Es war eine große Ehre, diesen Mann kennenlernen zu dürfen. Er gehörte zu den mächtigsten Personen der Limiona Familie und diese war mit Abstand die einflussreichste Vondur Familie, die mir bekannt war. Nichts geschah, ohne dass sie Ihre Finger im Spiel hatten, zumindest erzählte man sich das. “Ah, Legatin Elara Velice, es freut mich Euch kennenzulernen. Ich hoffe, Ihr musstet nicht allzu lange warten”, grüßte ein Mann mit Umhang, welcher mit dem Rücken zu mir stand und aus dem Fenster blickte. Der Ausblick ähnelte dem, welchen ich zuvor im Foyer genossen hatte.

“Keinesfalls, Sir. Die Ehre ist ganz meinerseits”, antwortete ich und deutete eine Verbeugung an, auch wenn er mich nicht sehen konnte. “Kommen wir direkt zum Punkt”, fuhr der Vondur fort, wandte sich von der Scheibe ab und drehte sich zu mir. “Vermutlich fragt Ihr Euch, wieso ich Euch herbestellt habe. Ich möchte Euch gar nicht auf die lange Folter spannen. Einer meiner wichtigsten Abgesandten ist leider ums Leben gekommen und Ihr sollt stattdessen in meine Dienste treten.”

Es dauerte eine Weile, bis ich realisierte, was Martin Limiona da sagte. “Sir, ich bin sprachlos. Es wäre mir eine Freude, Euch dienen zu dürfen”, antwortete ich überwältigt. Bei diesen Worten schmunzelte der Vondur. “Ich spüre, dass Ihr Euch fragt, wieso ich Euch ausgewählt habe”, meinte er und sprach mir wahrlich aus der Seele. “Eure diplomatischen Erfolge haben sich herumgesprochen. Natürlich waren es noch keine allzu großen, doch wenn man bedenkt, dass Ihr erst vor zwei Jahren die Akademie abgeschlossen habt, sind sie dennoch beachtlich. Wir Limionas haben die Eigenschaft tief schlummerndes Potenzial zu sehen und ich spüre es in Euch. Darum möchte ich, dass Ihr als meine persönliche Legatin tätig werdet und die Interessen der Limiona Familie vertretet.”

“Vielen Dank, Ihr schmeichelt mir”, meinte ich und schaffte es immer noch nicht einen klaren Gedanken zu fassen. “Das werden wir noch sehen”, sagte der Vondur schmunzelnd, “Ihr könnt bei Eurem ersten Auftrag beweisen, ob Ihr das Zeug zur Diplomatin habt oder nicht. Euch muss klar sein, dass Ihr stets im Interesse dieser Familie handeln müsst.”

“Das ist mir bewusst, Vondur Limiona”, bekräftigte ich knapp. Es war unglaublich, dass ich für diesen Job ausgewählt worden war. Die Limiona Familie war einflussreich, mischte in Geschehnissen in der gesamten Galaxis mit und schaffte es so, ihre Stellung weiter auszubauen. “Warum haben wir unsere Residenz auf diesem Planeten?”, fragte der Vondur plötzlich. Ohne lange zu überlegen, antwortete ich: “Weil hier Eure Familie den Ursprung hat. Ihr konntet auf Alandor Eure Macht festigen und für enormen Wohlstand sorgen. Natürlich nicht nur für die Familie, sondern auch für die Bewohner dieses Planeten. Jeder hier steht in Eurer Schuld.”

Martin Limiona nickte zufrieden: “Und was sind unsere Ziele?” Unsicher überlegte ich und meinte: “Eure Macht festigen.” Der Vondur blickte mich musternd an und ich konnte nicht erkennen, ob meine Antwort ihm gefiel oder nicht. War meine Antwort zu direkt gewesen? Hatte ich ihn verärgert oder war sie gar falsch gewesen? “Ihr seid direkt, das gefällt mir”, meinte er schließlich und fuhr fort: “Das ist natürlich sehr allgemein gehalten. Es gehört viel dazu, dafür zu sorgen, als Vondur die Macht auszubauen und vor allem zu sichern. Die Limiona Familie hat überall Feinde. Gouverneure, Bewohner und andere Vondur, jeder denkt nur an sich selbst und könnte versuchen uns zu hintergehen. Manche offen und andere hinter unserem Rücken.” “Ich verstehe”, meinte ich, “dass andere versuchen etwas vom Kuchen abzuhaben, ist nachvollziehbar.”

“Nachvollziehbar, aber unerwünscht. Die Limiona Familie wäre nicht da, wo sie jetzt ist, hätten wir das hingenommen. Doch nicht nur Personen können uns Schwierigkeiten bereiten, aber alles zu seiner Zeit”, erzählte der Vondur und nahm hinter seinem Tisch Platz und aktivierte ein Hologramm, dass über den Schreibtisch in die Luft projiziert wurde. Es zeigte ein Gesicht, das mir nicht bekannt vorkam. Die Person trug eine Uniform, die für die Hanse typisch war und hatte dunkles, nach hinten gekämmtes Haar.

“Wie ich sehe, sagt ihnen dieser Mann nichts”, bemerkte der Vondur. Mir war bekannt, dass die Kräfte eines Vondurs ermöglichten, Gefühle anderer Personen wahrzunehmen, aber die Fähigkeiten meines Gegenübers schienen eher in die Richtung von Gedankenlesen zu gehen. Ohne mich davon entmutigen zu lassen, nickte ich. “Sein Name ist Sammir Leza. Er möchte den Gouverneur des Planeten Urehk davon überzeugen, die dortigen Bodenschätze zu erschließen. Sie sollen ihm helfen, die Erlaubnis dafür zu erlangen.”

Nun war ich verwirrt. Mein erster Auftrag war es, einen Unternehmer der Hanse zu unterstützen? Das ergab keinen Sinn. Wieso sollte das im Interesse der Limiona Familie sein? Soweit ich wusste, waren die Vondur nur an dem Erfolg einer Fraktion beteiligt, dem der Schützenden Hand. Die Hanse dagegen, war eher ein Dorn im Auge, es sei denn, die Limiona setzte auf ein anderes Pferd, als der Vondur Orden. Angestrengt dachte ich nach. Die Vorhaben von Sammir Leza passten nicht zu dem, was ich über die Limiona Familie wusste.

Auf einmal realisierte ich, was hier vor sich ging. Urehk war ein Planet, der eigentlich für Viehzucht und Landwirtschaft bekannt war. Wichtige und seltene Güter, die in die ganze Galaxis exportiert wurden und der Betreiber dieser ganzen Betriebe war Ezzik Kur, ein einflussreicher Geschäftsmann hier auf Alandor. Das hier war kein Auftrag, sondern ein Test. Martin Limiona, wollte herausfinden, ob ich das Problem in seiner Bitte erkannte. Oder war ich gerade dabei, meinen eigenen Sarg zu zimmern?

Ich vertraute meinem Gefühl und entgegnete: “Sir, mit allem gebührenden Respekt. Das ist keine gute Idee. Die Erschließung der Bodenschätze und der Betrieb von Minen würde die Landschaft stark beeinflussen und die dortigen Betriebe gefährden.” In seinem Gesicht zeichnete sich ein gewisser Unmut ab. “Ihr wagt es, meine Bitte anzuzweifeln? Wenn ich euch etwas befehle, werdet Ihr es tun”, rief er wütend und seine Hand fuhr zu seinem Gürtel. Etwas blitze auf und ich erstarrte. Dort befand sich ein pechschwarzer Dolch, dessen scharfe Klinge den Schein der Zimmerbeleuchtung reflektierte.

“Sir, dieses Vorhaben würde Euch mehr schaden als nutzen”, sagte ich und machte einen Schritt zurück, in dem Wissen, dass ich keine Chance hatte, einem Angriff zu entgehen. “Erklärt Euch, bevor ich mich vergesse”, murmelte der Mann und zog den Dolch aus seiner Halterung. “Wenn diese Betriebe geschlossen werden müssen, bricht ein Großteil der Einnahmen des Inhabers Ezzik Kur ein”, erklärte ich. “Sollte ich diesen Namen kennen?” Ich war mir nicht sicher, ob der Vondur mich versuchte zu verunsichern. Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass er diesen Namen kannte. “Sir, er ist sehr einflussreich und hat reiche Freunde hier auf Alandor. Wenn er herausfindet, dass Ihr Eure Finger im Spiel hattet, wird er es euch heimzahlen wollen.”

“Und Ihr glaubt, dass er etwas anrichten kann?”, lachte Martin Limiona hämisch. “Ich würde ihn nicht unterschätzen, er könnte einen Großteil der hiesigen Bevölkerung gegen Euch aufbringen”, untermauerte ich meine Behauptung. Der Vondur stand auf, festigte seinen Griff um den Dolch, holte aus und schleuderte seine Waffe geradewegs auf mich zu. Ich erstarrte.

Nach einer Weile öffnete ich meine Augen. Ich hatte überhaupt nicht gemerkt, dass ich diese geschlossen hatte. Ein schwarzer Gegenstand schwebte direkt vor meinem Gesicht keine zwei Zentimeter entfernt in der Luft. “Ich bin erstaunt”, meinte Limiona nun deutlich ruhiger. Als ich begriff, dass der Gegenstand vor mir der Dolch war, machte ich erschrocken einen Schritt zur Seite und blickte zum Vondur. Um seine Hand kräuselten dutzende kleine violettfarbene Blitze, die ebenfalls um den Griff des Dolches zu sehen waren. Er hatte die Waffe mit seinen telekinetischen Kräften in der Luft gestoppt. Erleichtert atmete ich auf.

“Ihr habt die Bedrohung erkannt. Den meisten wäre es nicht aufgefallen. Nur wenige hätten meinen Befehl hinterfragt und noch weniger erkannt, dass dieses Vorhaben ein unerwartetes Problem bereiten könnte”, sagte der Mann zufrieden und ließ den Dolch langsam wieder zurück zu seiner Hand schweben, “Natürlich bin ich nicht so töricht und hätte dieses Problem übersehen. Dennoch ist es wichtig, eine rechte Hand zu haben, der man vertrauen kann und die mitdenkt. Mein Vertrauen müsst Ihr Euch erst noch verdienen, aber dass Ihr mitdenkt, habt Ihr bewiesen.”

“Vielen Dank, mein Vondur”, sagte ich und verbeugte mich. “Begebt euch zum Raumhafen, dort wartet eine Korvette auf euch. Die Crew hört auf Euren Befehl und wird Euch bei Euren diplomatischen Reisen unterstützen. Ihr werdet nach Sullast reisen, wenn Ihr dort ankommt, erkläre ich euren Auftrag.” “Wie Ihr wünscht, ich mache mich sofort auf den Weg”, sagte ich und verabschiedete mich.

Während ich das Anwesen der Limiona Familie verließ, spürte ich einen enormen Stolz in mir. In gerade einmal zwei Jahren hatte ich es bis nach ganz oben geschafft. Als Legatin für die Schützende Hand zu arbeiten war eine Ehre, aber direkt für die Limiona Familie zu arbeiten, schafften nur die wenigsten. Ich schwor mir, diese Chance zu nutzen und mich zu beweisen.