Cover Kurzgeschichte - Zum Scheitern verurteilt

Beschreibung der Kurzgeschichte

Folge Seralinn, einer erfahrenen Sanitäterin der GSUR, bei einem mysteriösen Einsatz am Highspeed-Bahnhof von Satora. Als sie und ihr Team versuchen, das Leben der verletzten Personen zu retten, entdeckt Seralinn eine dunkle Verschwörung, die weit über einen einfachen Unfall hinausgeht.

Spannung, Entdeckungen und Verschwörungen vermischen sich in diesem aufregenden Science-Fiction-Abenteuer.

Giftige Rache

Das Kreischen der Sirenen hallte an den Glasfronten wider, während unser Gleiter mit Höchstgeschwindigkeit durch die Häuserschluchten jagte. „Wir erreichen in Kürze den Einsatzort“, meldete der Pilot des Rettungsshuttles. „Seralinn, was wird uns dort erwarten?“, fragte Ash, das jüngste Mitglied meiner Sanitätscrew. „Es wurden mehrere Explosionen, sowie grüne Rauchwolken gemeldet. Vermutlich gab es einen Unfall am Bahnhof und irgendetwas hat Feuer gefangen. Doch die Farbe der Rauchwolken kann ich mir nicht erklären“, berichtete ich.

Als Sanitäterin der Schützenden Hand hatte ich schon einiges erlebt. Ich war als unterstützende Soldatin bei militärischen Einsätzen dabei gewesen, hatte in Lazaretten gearbeitet und nun durfte ich eine eigene Einheit der GSUR leiten. Die GSUR, also die galaxisweiten Such- und Rettungskorps waren die Rettungskräfte, die auf den meisten zivilisierten Planeten stationiert waren, um bei Notfällen am Boden und im All einzuschreiten.

Ich hatte bereits alles Mögliche erlebt, doch bei diesem Einsatz beschlich mich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Der weitergeleitete Notruf war alles andere als gewöhnlich gewesen. Unfälle in diesem Ausmaß waren auf den zentralen Welten mehr als ungewöhnlich und der Bericht von grünen Wolken passte überhaupt nicht ins Gesamtbild.

Das Rettungsschiff bog in eine der Abzweigungen zwischen den Hochhäusern ab, sodass der gigantische Bahnhof in der Frontscheibe zum Vorschein kam. Dutzende Vakuumröhren und Schwebeschienen führten von dort in alle Richtungen. Normalerweise fuhren dort die Highspeedzüge im Minutentakt, doch nach dem Vorfall war selbstverständlich der ganze Verkehr eingestellt worden. Zu meiner Überraschung breiteten sich von dort tatsächlich grünliche Schwaden aus. Irgendwie hatte ich gehofft, dass der Bericht fehlerhaft gewesen war. Nun machte sich das ungute Gefühl in mir breit, nicht auf den Einsatz vorbereitet zu sein.

Während das GSUR-Shuttle zum Landeanflug ansetzte, überprüfte ich routinemäßig meine Ausrüstung. Die Notfallpacks und Medi-Stims waren an Ort und Stelle. Auch die kleine Medi-Drohne war bereit für ihren Einsatz. Der Raumgleiter bremste langsam ab, die Seitentüren des Mannschaftsraums schoben sich nach hinten und der Fahrtwind schlug herein. Meine violetten, nach hinten gebunden, Haare boten diesem kaum Angriffsfläche, ganz im Gegensatz zu Ashs langer Frisur, die sofort hin und her wirbelte.

Der Pilot steuerte unser Schiff direkt zum Bahnsteig, auf welchem der Unfall passiert war. Die grünen Wolken erfüllten die komplette Umgebung. Ich konnte mir diese Rauchentwicklung nicht erklären, doch eins war klar: Diese Gase waren mit hoher Wahrscheinlichkeit giftig. „Masken aufsetzen“, befahl ich in die Runde. Alle Teammitglieder folgten meinem Beispiel und setzten die handlichen Geräte auf, welche Mund, Nase und Augen bedeckten, um die Luft filtern zu können.

Noch bevor das Shuttle aufsetzte, sprang ich mit militärischer Routine aus der Seitentür und ging beim Landen gekonnt in die Hocke. Die Anderen taten es mir gleich. Wie ich erwartet hatte, war die Sichtweite sehr begrenzt. Die Türen des Zugs, welcher am Gleis stand, waren weit offen. Aus jeder Öffnung drangen die grünlichen Gase heraus, durch welche ich mehrere Umrisse auf dem Boden sehen konnte. „Verletzte!“, rief ich und rannte vor. Noch bevor ich die Personen erreichte, ertöne ein lautes Dröhnen, als ein weiteres GSUR-Shuttle unweit von mir landete.

Ich kniete mich neben eine der reglosen Personen, sodass ich Puls und Atmung prüfen konnte. „Setzt ihm eine der Masken auf, er atmet noch“, erklärte ich, stand auf und lief zu einer Frau, die ebenfalls auf dem Boden lag. Ihr Gesicht war blutverschmiert, ob ihre Verletzung vom Unfall oder dem Sturz kam, war egal. Ich platzierte meine Medi-Drohne, damit diese sofort mit der Versorgung beginnen konnte. „Wir bringen sie zum Shuttle“, meinte Ash.

„Nein, das sollen die Anderen machen, wir schauen erst nach den Passagieren im Zug“, entschied ich, nahm meine Drohne, die bereits mit der Versorgung fertig war und rannte zum Einstieg des nächstgelegenen Waggons. Ohne zu zögern, stieg ich in das Innere und tauchte in den dichten Qualm ein. Auch wenn die Sicht stark eingeschränkt war, erkannte ich die Umrisse mehrerer Personen, die bewusstlos im Gang und in den Sitzen lagen.

Der Anblick war erschreckend. Auch wenn ich wusste, dass noch dutzende Rettungsfahrzeuge unterwegs waren, würde es viel zu lange dauern, die Personen aus dem Zug in ein Krankenhaus bringen. Vorausgesetzt, die Passagiere lebten noch. „Ich nehme die rechte Reihe, Ihr die linke. Prüft auf Lebenszeichen. Bei den ganzen Betroffenen müssen wir erst diese evakuieren“, befahl ich. Bevor ich loslegte, betätigte ich den Schalter meines Kommunikators an meiner Armschiene und meldete: „Wir benötigten Evakuierungsroboter im Zug, wir müssen die Verwundeten schnellstmöglich in ein Krankenhaus bringen. Verdacht auf Vergiftung und Verätzung der Atemwege.“ „Mehrere Roboter sind auf dem Weg zu dir Seralinn“, meldete eine mechanische Stimme über den Lautsprecher meiner Armschiene.

Sofort begann ich die Personen zu untersuchen, die mir am nächsten waren. Die blonde Frau, über die ich mich beugte, hatte keine Atmung mehr, aber der Puls war noch ganz schwach zu spüren. Flink fuhren meine Hände zu meinem Rucksack, nahmen ein Beatmungsgerät und pressten es auf ihren Mund und ihre Nase. Während das Gerät automatisch die Beatmung durchführte, verabreichte ich ihr einen Medi-Stim, nahm meinen Marker, mit welchem ich über ihren Arm fuhr. Dieser hinterließ eine gelb leuchtende Spur auf der Kleidung, welche trotz des Nebels problemlos zu sehen war. Daran würden die Roboter erkennen können, welche Personen als Erstes gerettet werden sollten.

Ohne den Marker wegzustecken, ging ich zum nächsten Passagier. Dort blickte ich in die reglosen Augen eines jungen Manns in grauen Anzug, der zusammengekauert im Gurt hing. Ich berührte seinen Hals, damit ich seinen Puls prüfen konnte, doch ich fühlte kein Lebenszeichen. Wenn auch widerwillig, lief ich zum nächsten Unfallopfer. Sofort beugte ich mich zu ihm hinunter. Zum Glück spürte ich noch einen kräftigen Puls. Schnell griff ich nach einer weiteren Atemmaske und stülpte ihm diese über. Ich löste den Sicherheitsgurt des Stuhls, damit die Roboter ihn schneller hinausbringen konnten, nachdem ich mit dem Marker über seine Kleidung gestrichen hatte.

Plötzlich hörte ich ein paar dumpfe Schritte vom Eingang her. Durch die grünen Schwaden konnte ich die Roboter kaum erkennen, doch diese entdeckten mich sofort und liefen herüber. „Was sind Ihre Anweisungen?“, rief eine mechanische Stimme. „Alle Passagier müssen evakuiert und ins Krankenhaus gebracht werden. Personen mit Lebenszeichen wurden markiert“, erklärte ich. „Verstanden, markierte Unfallopfer werden priorisiert“, sagte der Roboter, blickte sich um und ging zur blonden Frau, die ich als Erste behandelt hatte.

Aus dem Roboter fuhren mehrere Flächen aus und falteten sich zusammen, damit der Oberkörper des Roboters eine Trage formte. Er ging auf allen Vieren, sodass die Trage fast horizontal ausgerichtet war. Zwei der anderen Roboter nahmen vorsichtig die Verletzte, legten sie auf die Tragefläche. Mit mehreren Gurten, die blitzschnell neben der Trage aus dem Roboter fuhren, befestigten sie den reglosen Körper an der Trage. Flink krabbelte der Evakuierungsroboter hinaus ins Freie.

Ich schenkte den Robotern keine Beachtung. Sie waren darauf programmiert, die Leute zu retten, die Situation richtig einzuschätzen und dementsprechend zu handeln. Stattdessen ging ich zur nächsten Person, die auf dem Boden lag, damit ich auch dieser ein Beatmungsgerät anlegen konnte. Während ich neben dem jungen Mann auf dem Fußboden kniete, fiel mir etwas ins Auge. Unter dem Sitz, auf dem er wahrscheinlich zuvor gesessen hatte, lag ein kleiner zylindrischer Gegenstand, aus dem etwas austrat.

Zuerst dachte ich, dass ich mich getäuscht hatte, aber beim zweiten Hinsehen erkannte ich, dass mir die Metallhülle bekannt vorkam. Vorsichtig legte ich mich auf den Boden und versuchte den Gegenstand zu erreichen. Gerade so bekam ich ihn mit den Fingerspitzen zu fassen, rollte ihn zu mir, hob den faustgroßen Zylinder hoch und betrachtete ihn. Zu meinem Entsetzen war es genau das, was ich befürchtet hatte! Das Fabrikat erkannte ich aus der Zeit bei der militärischen Sanitätseinheit. Es handelte sich dabei eigentlich um eine Rauchgranate, doch diese hier wurde offensichtlich so modifiziert, dass sie statt harmlosem Rauch Giftgas versprühte.

Es war also gar kein Unfall gewesen, sondern ein Anschlag! Ein Anschlag auf wehrlose Zivilisten! Völlig geschockt packte ich meine Armschiene und meldete: „Hier ist Seralinn, ich habe hier eine umfunktionierte Rauchgranate gefunden. Das ist kein Unfall, sondern ein Giftgasanschlag! Wir müssen sofort die anderen Züge durchsuchen, es darf auf keinen Fall noch einen Angriff geben!“

Als ich das rief, drehten sich meine Kollegen verwundert zu mir. Ich zeigte den Gegenstand in meiner Hand. Auch wenn die Masken den Großteil der Gesichter verdeckten, erkannte ich ihr Entsetzen. „Hier Zentrale, Meldung erhalten. Der Bereich wird abgeriegelt. Weitere Verstärkung ist unterwegs“, ertönte es über die Lautsprecher.

Auch wenn dieser Anschlag furchtbar war, durfte ich mich nicht davon unterkriegen lassen, zumindest nicht jetzt. Die Leute hier brauchten meine Hilfe! Ich ließ die Granate fallen und fuhr mit dem Verarzten fort.

Nachdem ich meine Arbeit getan hatte und die Roboter sämtliche Insassen weggebracht hatten, stieg ich völlig erschöpft aus dem Zug. Eine junge Frau mit kurzen blauen Haaren stand am Bahnsteig. Sie trug ebenfalls eine Atemmaske, während sie das Geschehen betrachtete. „Sind Sie Seralinn?“, rief sie herüber, als sie mich erblickte. „Ja“, war das Einzige, was ich herausbrachte, auch wenn ich sie gerne gefragt hätte, woher sie das wusste.

„Ich bin vom Schützenden Geheimdienst“, erklärte die Frau, als sie herüberkam, „Sie haben die Meldung gegeben, dass es sich hierbei um einen Anschlag handelt.“ Ich nickte: „Ich habe dort drinnen eine umgebaute Rauchgranate gefunden.“ „Verstehe. Können Sie mir diese zeigen?“, fragte die Frau freundlich. Auch wenn ich absolut erschöpft war, kam ich ihrer Bitte nach. Ich hatte auch keine Wahl. Sie war von Geheimdienst der Schützenden Hand und wenn ich etwas wusste, dann dass man der Bitte einer Agentin lieber nachkommen sollte.

Nachdem ich sie zur Stelle im Zug geführt hatte, wo ich den Zylinder gefunden hatte, begutachtete die Frau das Objekt sorgfältig. Ohne mir zu verraten, ob sie daran etwas feststellte, kniete sich die blauhaarige Frau auf den Boden, um den Sitz zu untersuchen. Im Spalt zwischen Sitzfläche und Rückenlehne zog sie einen kleinen Gegenstand hervor. Erst als sie diesen aktivierte und ein Hologramm erschien, erkannte ich, dass es sich um einen Datenstift handelte. Ein Text wurde in die Luft projiziert. Mit großen Lettern stand „Smaragd des Weltalls“ über dem Dokument geschrieben.

„Was ist das?“, fragte ich verwundert. „Vermutlich ein Bekennerschreiben“, meinte die Frau, als sie dieses durchlas.