Beschreibung der Kurzgeschichte

Folge Legatin Elara Velice, frisch ernanntes Mitglied der mächtigen Limiona Familie, auf ihrer ersten diplomatischen Mission. Sie muss einen drohenden Aufstand auf dem Zulieferplanet Sullast verhindern, der die Rohstofflieferungen für die Urblikwerften bedroht. Vom Leben in den Randgebieten der Galaxis völlig unvorbereitet, stößt Elara auf eine explosive Mischung aus Armut, Sklaverei und Rebellion. Ihr Auftrag: Verhandlungen führen, um einen Aufstand zu verhindern. Aber wird sie es schaffen, trotz eingeschränkter Hilfestellung und einer feindlichen Umgebung, eine friedliche Lösung zu finden? Tauche ein in die packende Science-Fiction Kurzgeschichte, die dich in ein Universum voller Intrigen, Machtspiele und die harte Realität der Galaxis führt. Ein Muss für alle Science-Fiction Fans.

Der Aufstand von Sullast

Es war noch kein Tag vergangen und ich fand mich im Sullast System wieder. Hätte mir jemand gesagt, dass ich so kurz nach der Ernennung zur Legatin der Limiona Familie, an einen so abgelegenen Ort in der Galaxis gesandt werden würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Und hätte derjenige mir gesagt, dass mir eine nagelneue Korvette inklusive Besatzung zur Verfügung gestellt werden würde, hätte ich ihn auf jeden Fall ausgelacht.

Doch genauso war es gekommen. „Legatin Elara Velice, wir erreichen in wenigen Minuten die Orbitalstation“, berichtete der Captain des Schiffes. „Verstanden. Kontaktiert Vondur Limiona“, rief ich und starrte aus der Frontscheibe der Kommandobrücke. Natürlich gab es in der Limiona Familie nicht nur einen Vondur, doch der Captain wusste, dass ich unseren Auftraggeber meinte.

„Legatin Velice, seid Ihr auf Sullast angekommen?“, fragte eine Stimme hinter mir. Ich hatte überhaupt nicht bemerkt, wie sich dort das Abbild des Vondurs aufgebaut hatte. Sofort drehte ich mich um und meinte: „Wir befinden uns gerade im Anflug zur Orbitalstation, Sir.“ Er nickte und fuhr fort: „Sullast ist ein wichtiger Zulieferplanet der Urblikwerften. Leider droht dort ein Aufstand, der die Förderung der benötigten Rohstoffe gefährdet. Die Schützende Hand würde dort einfach das Militär hinschicken, jedoch erst, wenn dort der Aufstand auch wirklich ausbricht. Wir wollen jedoch, dass dieser erst gar nicht entsteht. Die finanziellen Verluste wären zu groß, als dass wir diese einfach hinnehmen könnten.“

„Ich verstehe, ich soll also dafür sorgen, dass diese Verluste auf diplomatischem Weg eingedämmt werden?“, fragte ich. Der Mann nickte: „Sie sind neu und eventuell wird der regionale Gouverneur ihnen nicht wirklich entgegenkommen, aber ich bin mir sicher, sie können sich durchsetzen.“ „Selbstverständlich. Gibt es irgendwelche Besonderheiten oder Rahmenbedingungen, die ich beachten sollte?“, fragte ich und wartete auf irgendeine Hilfestellung. Ohne diese würde es schwierig werden, auf einem mir fast unbekannten Planeten eine Verhandlung gegen einen mir unbekannten Gouverneur zu führen.

„Nichts, was eine Lösung vereinfachen würde. Der Gouverneur ist grundsätzlich auf unserer Seite, jedoch mag er es nicht, wenn man sich in seine Angelegenheiten einmischt und ihm vorschreibt, was zu tun ist. Auch wird er den aufständischen Sklaven nur ungern entgegenkommen“, meinte Martin Limiona. Jetzt verstand ich die Schwierigkeiten. Es handelte sich um keinen normalen Arbeiteraufstand, die mehr Lohn oder bessere Arbeitsbedingungen forderten, sondern ein Sklavenaufstand. Arbeitssklaven waren in den Randgebieten der Galaxis nichts Besonderes und Aufstände gab es öfter, als es der Schützenden Hand lieb war.

Eigentlich gab es dafür immer eine einfache Lösung: Das Militär auf den Planeten schicken und für Ruhe sorgen. Doch auf diplomatischem Weg mit Sklaven zu verhandeln, war schier unmöglich. Für gewöhnlich würden sich diese nicht mit weniger als ihrer Freiheit zufriedengeben, doch das war weder für den Gouverneur noch für die Vondur akzeptabel. „Ich verstehe“, antwortete ich knapp, „ich werde mich melden, sobald es etwas zu berichten gibt.“ Der Vondur nickte und beendete die Übertragung, ohne sich zu verabschieden.

Ich würde einen Plan brauchen, wenn ich dafür sorgen sollte, dass die Situation nicht eskalierte, doch es gab keinen Anhaltspunkt. Mir war klar, dass die Sklaven unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten mussten, aber sie waren eben auch keine Menschen. Natürlich würde ein Sklavenaufstand nichts verändern, außer dass Tausende ihr Leben lassen würden. Da ich die Einstellung des Gouverneurs gut einschätzen konnte, beschloss ich, erst mit den Sklaven zu sprechen.

„Könnt Ihr mir eine Arbeitskleidung der Maschinencrew auftreiben?“, fragte ich in die Runde. Einer meiner Bediensteten nickte und eilte davon. Ich hatte noch nie mit Sklaven gesprochen, geschweige denn eine Verhandlung mit ihnen geführt. Wieso auch? Sie waren nichtmenschliche Arbeitskräfte, die entweder etwas verbrochen hatten oder glücklich sein konnten von der Schützenden Hand aufgegabelt worden zu sein. Dennoch hatten sie eine gute Verhandlungsposition. Würden sie ihren Aufstand starten – und sie waren schließlich kurz davor – würde das einen enormen Schaden verursachen. Doch das wussten sie nicht, das musste ich zu meinem Vorteil nutzen.

„Wie können wir mit dem Anführer der Sklaven in Kontakt treten?“, fragte ich. „Der genaue Aufenthaltsort ist unbekannt, aber ich habe mich bereits im Vorhinein um ein Treffen bemüht und Koordinaten in einem der zahlreichen Fabrikviertel erhalten“, erklärte Simon, der gerade die Brücke betrat. Simon wurde mir als neuer Berater zugeteilt und ich hatte noch nicht die Gelegenheit gehabt, mich ausführlich mit ihm zu unterhalten. Offensichtlich wusste er bereits, was unsere Mission war und das schon, bevor ich das Gespräch mit Vondur Limiona hatte.

„Freut mich, dass ich das nun auch erfahre“, bemerkte ich verärgert. „Ich entschuldige mich, dass ich Euch erst jetzt davon berichte, aber Vondur Limionas Anordnung war eindeutig gewesen, Euch nur auf direkter Nachfrage zu helfen.“ Nun war ich noch mehr verwundert. „Wieso?“, entfuhr es mir. „Ich vermute, dass Vondur Limiona Eure Fertigkeiten testen und sehen möchte, wie Ihr ohne große Hilfestellung klarkommt. Selbstverständlich entspricht das nicht dem, wie ich mir unsere Zusammenarbeit vorstelle, jedoch werde ich mich zu Beginn etwas zurückhalten müssen.“

Das wurde ja immer besser. Nicht nur, dass ich mich vor eine schier unmöglichen Aufgabe befand, jetzt bekam ich also auch keine Unterstützung. Ich atmete tief ein, langsam wieder aus, ordnete meine Gedanken und überlegte mein weiteres Vorgehen. Vondur Limiona wollte mich bei einer kniffligen Aufgabe testen. Na schön, dann würde ich ihm beweisen, dass ich der Sache gewachsen war. „Bringt mich zu diesem Treffpunkt“, befahl ich dem Captain.

Es dauerte eine Weile, bis wir an der Orbitalstation angedockt hatten, mit dem Inter-Atmosphären-Lift zur Planetenoberfläche gebracht wurden und dort einen Luftgleiter auftreiben konnten. Während des Flugs durch die Straßen der verschiedenen Fabrikviertel dachte ich angestrengt nach und versuchte, einen Plan auszuarbeiten, um den Sklavenanführer zu überzeugen. Kein einziges Mal schenkte ich der Umgebung, den zahlreichen Fabrikgebäuden, den autonomen Frachtern oder den dunklen Abgaswolken meine Aufmerksamkeit.

So bemerkte ich überhaupt nicht, wie wir zum Sinkflug ansetzten und in einer abgelegenen Lagerhalle landeten. Dort erwarteten uns bereits mehrere Gestalten in heruntergekommenen Gewändern. Als ich ausstieg, blickte ich in deren ausdruckslosen Gesichter. Sie schienen nicht sehr erfreut, mit mir zu sprechen. „Vielen Dank für das Treffen, wer von Euch ist der Anführer?“, fragte ich und blickte in die Runde. Keiner der Anwesenden machte die Anstalten, mir zu antworten, stattdessen nahm einer einen kleinen Gegenstand vom Gürtel. Bei dieser verdächtigen Bewegung, zückten meine beiden Leibwächter ihre Blaster und stellten sich schützend vor mich. Doch der Mann hielt keine Waffe in der Hand, sondern einen kleinen Holokommunikator und legte diesen auf den Boden.

Sofort setzte sich das Abbild eines Mannes vor mir in der Luft zusammen. Die Gestalt trug eine ähnliche Arbeitskleidung, wie ich sie angezogen hatte. Eine Maske verdeckte das Gesicht, um nicht erkannt zu werden. Vermutlich befürchtete er, dass er erkannt und von den örtlichen Sicherheitskräften verhaftet werden würde. Dennoch spitzelten seitlich kleine orangefarbene Auswölbungen hervor, die wie kleine Tentakel aussahen. Ich kannte mich mit den verschiedenen Spezies nicht aus, aber Tentakeln an den Backen gab es vermutlich nicht so häufig.

„Willkommen auf Sullast, Legatin. Es freut mich, dass die Schützende Hand bereit für Verhandlungen ist“, grüßte der Mann, mit junger Stimme. „Die Ehre ist ganz meinerseits“, grüßte ich und vergaß für einen Moment, dass ich eigentlich mit einem Sklaven sprach und keinem hochrangigen Diplomaten. „Vermutlich wisst Ihr, dass wir unsere Arbeit niederlegen und für unsere Freiheit kämpfen werden. Es überrascht mich, dass die Schützende Hand so besorgt über unser Vorhaben ist, normalerweise reagieren sie erst, wenn es so weit ist“, meinte der Mann im Hologramm und verschränkte die Arme.

Er hatte erkannt, dass dieser Aufstand anders gehandhabt wurde, als sonst und das ließ ihn glauben, am längeren Hebel zu sitzen. In Wahrheit bestand der einzige Unterschied daran, dass ich ihm die Chance gab, sein Vorhaben abzublasen.

„Eigentlich bin ich nur aus Höflichkeit hier. Eine wirkliche Verhandlung wird es nicht geben“, entgegnete ich und blickte in das maskierte Gesicht. „Wir werden uns auch nicht mit weniger als unserer Freiheit zufriedengeben“, meinte der Anführer, „Wir schuften uns hier zu Tode, werden behandelt wie Vieh und das alles nur für Euren Wohlstand. Glaubt nicht, dass wir bereit sind, für etwas mehr Essen unsere Waffen ruhen lassen.“

„Tatsächlich, war genau das mein erster Gedanke gewesen. Auch wenn Ihr es nicht verdient, wären wir bereit, die Arbeitsbedingungen etwas zu verbessern“, erklärte ich ungeduldig. „Da lache ich ja, wir arbeiten achtzehn Stunden am Tag, es gibt nur eine Mahlzeit am Tag und wir schlafen auf dem Boden. Es gibt weder saubere Kleidung noch Freizeit. Wir sind bereit, uns zu erheben, wir haben nichts mehr zu verlieren!“ 

Ich grinste schief und meinte: „Ihr überschätzt Euch. Ich bin nicht hier, um mit Euch zu verhandeln, sondern um Euch zu warnen. Die Streitkräfte der Schützenden Hand sind bereits auf dem Weg und entschlossen diese Fabriken in Blut zu tränken, wenn es sein muss. „Ihr seid genauso wie die anderen, ihr realisiert gar nicht, was ihr uns antut!“

Bei dieser Bemerkung musste ich schmunzeln und meinte: „Ganz ehrlich, was habt Ihr erwartet? Ihr habt Euch das selbst eingebrockt! Ihr seid nichts weiter als minderwertige Verbrecher!“ Bei dieser Bemerkung blitzen seine Augen auf. „Minderwertig? Verbrecher? Ihr seid genauso wie die Aufseher. Wir haben nie etwas verbrochen, wir sind in Gefangenschaft geboren worden und werden von Euch behandelt wie Dreck!“

Nun war ich etwas verwundert. „Wie, Ihr seid in Gefangenschaft geboren worden?“ Wütend schrie der Mann: „Wir sind keine Menschen. Die Vondur haben unsere Vorfahren vor Tausenden von Jahren entführt und in ihre Minen gesteckt. Nur weil wir Nichtmenschen sind, so wie ihr uns nennt, glaubt Ihr, wir hätten das verdient.“ Das Gesagte verwunderte mich nur noch mehr. Bisher hatte ich immer nur gehört, dass verbrecherische Nichtmenschen versklavt wurden. Böse, hinterhältige Verbrecher, welche die Barmherzigkeit der Schützenden Hand verspielt hatten.

Doch jetzt, da ich es mit eigenen Augen sah, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das alles war eine Lüge gewesen. Ein Gefühl, das ich nur selten spürte, machte sich in mir breit: Unsicherheit. Eigentlich kannte ich stets den Weg, um mich in Verhandlungen durchzusetzen und meine Ziele zu erreichen, doch diesmal war es anders. Meine Annahme, dass die Sklaven zurecht unter unmenschlichen Bedingungen arbeiteten, war falsch gewesen.

Ich sah zu meinem Berater. Simon erwiderte meinen Blick mit Verwunderung, jedoch nicht, weil er ebenso entsetzt war, wie ich, sondern weil er offensichtlich trotzdem der Meinung war, dass die Nichtmenschen die Sklaverei verdient hatten. Irgendetwas musste ich tun, meine erste Verhandlung durfte nicht scheitern, das würde mir Vondur Limiona nicht verzeihen. Der Gouverneur war bestimmt nicht bereit, Zugeständnisse zu machen, aber irgendwie musste ich doch den Sklavenarbeitern helfen. Aber wie?

Während ich überlegte, trat Simon vor und meinte: „Das alles ist egal. Ihr seid Eigentum der Schützenden Hand und müsst für diese Arbeiten, falls ihr das nicht tut, kommt das Militär und verwandelt Eure Unterkünfte in Schlachthäuser!“ Geschockt, starrte ich zu Simon. Hatte der Mann denn gar kein Mitgefühl oder Anstand? Wütend ging ich einen Schritt auf ihn zu, beugte mich vor und flüsterte in sein Ohr: „Ihr geht sofort zurück in den Gleiter. Ich werde die Verhandlung alleine führen. Meine Wachen werden Euch begleiten.“

Ich blickte zu den beiden Leibwächtern und nickte in Richtung Gleiter. Sie verstanden sofort und gingen. Schließlich drehte ich mich wieder zum Hologramm und meinte: „Entschuldigung für die Worte. Ich würde Euch gerne helfen, aber ich weiß nicht, wie. Der Gouverneur wird Euch unter keinen Umständen freilassen.“ Der Mann im Hologramm nickte: „Dann wird es wohl auf einen Kampf hinauslaufen. Wir haben nichts zu verlieren, lieber sterben wir, als so weiter leben zu müssen.“

Dieser Satz traf mich, wie ein Schlag in die Magengrube. Ich war noch nie jemand gewesen, der schnell klein beigab, doch mein Leben hatte ich noch nie aufs Spiel gesetzt. Plötzlich kam mir ein Gedanke: „Hört zu, weder Ihr noch wir möchten, dass es Tote gibt. Was haltet ihr von einem Kompromiss? Ich könnte versuchen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Eventuell könnte ich den Gouverneur überreden, Roboter für die schwersten Arbeiten einzusetzen.“

„Das kommt nicht infrage. Entweder unsere Freiheit oder gar nichts“, meinte der Anführer und schüttelte den Kopf. „Ich verstehe Euch, doch überlegt mal. Die Roboter würden Euch entlasten. Ihr könntet es erst einmal probieren und wenn ihr immer noch unzufrieden seid, dann könnt ihr immer noch einen Aufstand anzetteln.“

Ein Grinsen zeichnete sich in seinem Gesicht ab: „Das ist nur eine Frage der Zeit. Nein, dem stimme ich nicht zu.“ Die Forderung nach Freiheit war absolut verständlich, jedoch nicht umsetzbar. Irgendwie musste ich ihn überzeugen, meinen Vorschlag anzunehmen. „Gibt es Kinder oder Frauen unter Euch?“, fragte ich vorsichtig, in dem Wissen, dass die Antwort auf der Hand lag. „Natürlich, ein Grund mehr, für sie zu kämpfen“, murmelte er. „Was wäre, wenn für jeden Roboter, den ich heraushandeln kann, ein Kind oder eine Frau die Freiheit geschenkt bekommt?“

Nun regte sich etwas im Gesichtsausdruck des Hologramms. „Das würdet Ihr tun?“ Ich nickte zustimmend, auch wenn ich wusste, dass der Gouverneur nur schwer zu überzeugen sein würde. Doch ich hatte schon einen Plan, wie ich das anstellen konnte. Wenn die Limiona Familie die Roboter stellen würde, müsste die Abmachung dem Gouverneur gefallen. Ob Sklaven oder kostenlose Roboter die Arbeit für ihn verrichteten, dürfte ihm egal sein.

„Legatin Elara Velice, wenn Ihr den Gouverneur überzeugen könnt, die Schwächsten von uns gehen zu lassen, stehen wir in Eurer Schuld“, sagte der Mann und beendete die Übertragung des Hologramms.