Cover Kurzgeschichte - Zum Scheitern verurteilt

Beschreibung der Kurzgeschichte

Tauche ein in die düstere Welt des Kleinen Kreises, wo die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen und nichts ist, wie es scheint. Begleite Vei’Lys, eine Noc’Farii-Attentäterin, auf ihrer gefährlichen Mission, einen skrupellosen Sklavenhändler namens Fernando Retik zu eliminieren. Doch in einem undurchsichtigen Casino voller Intrigen und Täuschungen ist nichts vorhersehbar. Wird Vei’Lys ihre Aufgabe erfüllen und dabei unentdeckt bleiben oder wird sie in einem Netz aus Lügen und Gewalt gefangen? Eine Geschichte voller Spannung, Action und unerwarteten Wendungen. Traust du dich, das Spiel um Leben und Tod zu betreten?

Wer ist Vei’Lys?

Lautlos schlängelte sich Vei’Lys zwischen dem Gedränge an den Spieltischen hindurch, auf der Suche nach Fernando Retik, einem korpulenten Mann, der sich laut Vei’Lys Kontakt in diesem Casino aufhalten sollte. Fernando war einer der größten Sklavenhändler des Kleinen Kreis und scheffelte Millionen damit, unschuldige Nichtmenschen zu verschleppen und an die Schützende Hand zu verkaufen. Vei’Lys wusste nicht, wieso ihr Auftraggeber diesen Mann tot sehen wollte, aber das war ihr auch egal. Die Bezahlung stimmte und einen Dreckskerl wie Fernando weniger würde der Galaxis guttun.

Vei’Lys verabscheute Menschen und Personen wie Fernando noch mehr. Sie hasste es, dass Menschen auf alle anderen Spezies herabschauten und diese wie Gegenstände behandelten. Sklavenhandel war legal, solange es sich um Nichtmenschen handelte. Vei’Lys war eine Noc’Farii. Die Noc’Farii lebten in den Schattenregionen, ein Gebiet des Kleinen Kreis, das sich über mehrere kleine Systeme erstreckte, in denen es statt den üblichen Sonnen nur weiße Zwerge gab. Die weißen Zwerge waren ausgeglühte Sonnen, die ihre Energie verbraucht hatten und deren Strahlen die Planeten nicht stärker als in ein typisches Mondlicht hüllten.

Noc’Farii hatten blasse violettfarbene Haut und besaßen eine menschenähnliche Gestalt. Neben der Haut und den markanten, an die Nacht angepassten Augen besaß diese Spezies eine weitere Besonderheit. Sie konnten ihr Äußeres verändern und die Gestalt anderer Wesen annehmen. So hatte Vei’Lys die Form einer Lekura angenommen, einer Spezies, die einer Mischung aus Menschen und Katzen entsprach. Lekura galten allgemein als leichtgläubig und leicht zu täuschen. Genau diese Vorurteile wollte sich Vei’Lys zunutze machen.

Sie schlenderte in ihrem Kleid an einem Rikko-Tisch vorbei und hörte einen Mann mittleren Alters jubeln, der gerade einen Haufen Spielchips einsammelte. “Los, schieb sie rüber”, johlte der Mann. Vei’Lys bemerkte seinen unverkennbaren Akzent, der typisch für Pal Ketta, einem Planeten im Gebiet der Hanse, war. Wenn ein Mann auf Pal Ketta über Geld verfügte und dieses in einem Casino wie diesem verprasste, konnte es sich nur um jemanden mit Verbindungen zum Syndikat handeln. Und Fernando Retik war für genau diese Bande tätig.

Ein Mann, dessen grüne Haut und mickrige Statur an einen Gnom erinnerte, stand empört auf, murmelte etwas in einer Sprache, die Vei’Lys unbekannt war und ging davon. Die Chance ergriff Vei’Lys sofort, setzte sich dem Mann gegenüber, der gerade ein halbes Vermögen gewonnen hatte und blickte ihrem Gegenüber mit einem auffordernden Blick an. „Was macht eine Lekura so weit von der Heimat entfernt?“, fragte der Mann mit einem schmierigen Lächeln und deutete auf Vei’Lys Katzenohren. „Mich amüsieren“, erklärte Vei’Lys und warf dem Mann einen verspielten Blick zu, „ich würde gerne gegen dich spielen.“

Laut lachend lehnte sich ihr Gegenüber in seinem Stuhl zurück. „Um was willst du denn spielen? Ich bezweifle, dass du so viele CEX hast“, entgegnete er und deutete auf seine Chips. „Um all deine Chips“, meinte Vei’Lys mit einem möglichst naiven Tonfall. Sie hoffte, dass der Mann auf ihre Erscheinung als Lekura, die sich leicht, übers Ohr hauen ließ, hereinfiel.

Vei’Lys Gegenüber konnte sich kaum noch vor Lachen halten, auch die anderen Anwesenden, die das Gespräch verfolgten, begannen zu schmunzeln. „Sorry, Kleine, aber die Chips sind mehr wert als dein Leben“, meinte er und zeigte mit einer Handbewegung, dass ein anderer Spieler meinen Platz einnehmen sollte. „Mehr als mein Leben?“, fragte Vei’Lys. Der Mann hatte ihr eine perfekte Vorlage geben, die sie nun unmöglich ungenutzt lassen konnte. „Wie viel mehr? Doppelt so viel? Wie wäre es, wenn ich mein Leben setze und du die Hälfte deiner CEX?“, fragte Vei’Lys und setzte einen unschuldigen Gesichtsausdruck auf. Die Menge um sie herum raunte. „Meint sie das ernst?“, hörte sie einen Jungen hinter ihr fragen. „Sie weiß schon, wie schlecht ihre Chancen stehen“, sagte ein Anderer.

„Die Hälfte meiner CEX, gegen dein Leben?“, fragte der Mann und hakte nach: „Dir ist klar, was das heißen würde? Sklavenhaltung ist in diesem Teil der Galaxis völlig legal, du müsstest alles machen, was man dir befehlt.“ „Was sollte ich denn schon Schlimmes machen müssen“, meinte Vei’Lys und lächelte. „Nun gut, wie du willst“, stimmte der Spieler zu und reichte ihr die Hand, „Eine Sache noch? Wie heißt du, ich muss ja wissen, wen ich dann als Kätzchen habe.“

„Vei’Lys“, sagte die Noc’Farii knapp und gab der Dealerin ein Zeichen, dass er mit dem Austeilen der Karten beginnen durfte. Die junge Frau teilte jedem Spieler drei Rikko-Karten aus und legte eine in die Mitte des Tisches. Vei’Lys begutachtete ihre Karten: eine Fünf und zwei Siebener. Die Dealerin legte zwei Zehner auf den Tisch. Noch war noch nichts verloren. Das Grinsen, das sich in dem Gesicht des Mannes abzeichnete, identifizierte Vei’Lys als einen eindeutigen Bluff. „Da die Wetten bereits stehen und nichts mehr gesetzt werden kann, beginnen wir direkt mit der zweiten Phase“, erklärte die Dealerin, holte einen Würfel hervor und warf diesen auf den Tisch. Als dieser zum Liegen kam, war eine Kette zu sehen. „Kettenbindung!“, rief die Dealerin, „Das bedeutet, dass einer zufälligen Karte dieser Wert hinzugezählt wird.“ Die Frau zog eine Karte aus ihrem Deck und legte sie vor sich: eine Zwei.

Daraufhin blinkte eine von Vei’Lys Karten auf und zur Fünf wurden zwei hinzugezählt. Somit änderte sich der Wert der digitalen Spielkarte zur Sieben. Drei Siebener! Zusammen mit den beiden Zehnern auf dem Tisch hatte Vei’Lys ein Fullhouse! Vei’Lys fiel auf, wie ein Ausdruck der Verärgerung über das Gesicht ihres Kontrahenten huschte. War dies auch ein Bluff?

„Hier sind die letzten Karten“, erklärte die Dealerin und teilte jedem zwei Stück aus. Ein Ass und eine Neun für Vei’Lys. Die Karten änderten somit nichts an dem Ausgang des Spiels. „Jetzt beginnt die letzte Phase“, erklärte die Frau und warf erneut den Würfel. „Schwerkraft-Störung“, erklärte sie, „den Karten wird ein neuer Wert zugeteilt.“ Nun blinkten alle Karten kurz auf und änderten ihren Wert. Die Zehner auf dem Tisch verwandelten sich zu Assen, während die Siebener auf Vei’Lys Hand zu Fünfern wurden. Insgesamt hatten sich ihre Chancen verschlechtert, denn ihr Fullhouse war nun niedriger, doch mit einer Schwerkraft-Störung hatte sie noch Glück gehabt und es änderten sich die Werte der Karten gleichmäßig. Somit wurden alle Karten mit dem Wert Sieben zur Fünf und Vei’Lys behielt ihr Fullhouse. Bei einem Dimensionssprung hätten die Karten auch unterschiedliche Werte ergeben können, die ihre Karten unbrauchbar gemacht hätten.

„Nun gut“, meinte die Dealerin, „zeigt eure Karten.“ Vei’Lys offenbarte daraufhin ihre Hand: „Ein Fullhouse mit drei Fünfern und zwei Assen.“ Zu ihrer Überraschung wanderten die Mundwinkel ihres Gegenspielers nach oben und bestätigten ihre Befürchtung mit den Worten: „Fullhouse aus zwei Assen und drei Siebener. Ich fürchte, du hast verloren und darfst dich jetzt mein Eigentum nennen.“ „Oh, das ist aber schade“, meinte Vei’Lys mit einem möglichst verwunderten Unterton. „Zum Glück bist du eine hübsche Mietze, ich denke, ich kann dich meinem Kumpel für ein gutes Sümmchen verkaufen. Er sucht schöne Frauen wie dich und dann noch eine Lekura! Perfekt für jeden Mann, der etwas Spaß haben möchte“, lachte der Kerl dreckig.

Natürlich verstand Vei’Lys, was ihr Gegenüber von sich gab, doch sie blieb in ihrer Rolle und spielte eine naive Lekura: „Wem möchtest du mich denn vorstellen?“ Die Augen des Mannes blitzen auf und er begnügte sich mit einem knappen: „Er wird dir gefallen.“ Daraufhin stand er auf, zeigte mit einer Handbewegung, dass Vei’Lys ihm folgen sollte und die beiden verschwanden in einem Hinterzimmer.

Als Vei’Lys in der Gestalt der Lekura den Raum betrat, kam ihr eine dichte Rauchwolke entgegen und der Geruch von Erina-Zigarren-Qualm kroch in ihre Nase. Wie sie sich erhofft hatte, erblickte sie Fernando Retik, der gerade mit einem Mann im Anzug sprach. Als er die Neuankömmlinge bemerkte, unterbrach er das Gespräch und schickte seinen Gesprächspartner hinaus.

„Erolt, was bringst du mir denn da mit“, sagte der korpulente Mann und betrachtete Vei’Lys. „Eine Lekura namens Vei’Lys. Ich habe sie gerade gewonnen. Eine Frau wie sie müsste dir doch sicherlich ein hübsches Sümmchen wert sein“, erklärte der Mann, dessen Namen offenbar Erolt lautete.

Fernando Retik stand auf, fuhr Vei’Lys erst über ihren Rücken und anschließen über den Hintern. Vei’Lys kämpfte gegen den ansteigenden Ekel gegenüber dem Sklavenhändler an und gab stattdessen ein wohliges Schnurren von sich. „Sie scheint äußerst zahm zu sein“, bemerkte Fernando. „Wie meinen Sie das?“, fragte Vei’Lys. „Und dumm ist sie scheinbar auch“, lachte Fernando Retik, „für sie würde ich Fünftausend zahlen.“ „Deal!“, stimmte Erolt zu, „damit gehört sie dir. Eventuell können wir ja noch zuvor etwas Spaß mit ihr haben.“

Vei’Lys hatte genug gehört. Eigentlich galt ihr Auftrag nur für Fernando Retik, doch Erolt war kein bisschen besser als der Sklaventreiber und definitiv ein angemessener Kollateralschaden. „Ihr wollt Spaß haben?“, fragte sie, fuhr mit ihrer Hand zu ihrem Rücken und tat so, als würde sie ihr Kleid ausziehen, doch stattdessen zog sie ihre beiden Laserpistolen.

„Was zum …?“, rief Erolt der seinen Satz nicht mehr beenden konnte. Kreischend jagte ein Laserstrahl direkt in seine Stirn und hinterließ ein rauchendes Loch. Lautlos sackte er zu Boden. „Raffiniert“, meinte Fernando, „du bist eine Attentäterin. Ich habe noch nie gehört, dass eine Lekura dazu fähig wäre.“ Vei’Lys lächelte schief, verwandelte ihr Aussehen in das einer menschlichen jungen Frau und richtete ihre beiden Blaster auf den Mann. „Eine Formwandlerin also“, erkannte der Sklavenhändler, „du wärst perfekt für meine Sammlung.“

In seiner Stimme lag keinerlei Furcht, dass Vei’Lys wahrlich überraschte. Plötzlich wirbelte Fernando Retik herum und zog eine Energiepeitsche hervor. Laut knisternd, schwang er die Peitsche durch die Luft. Solch eine Waffe war für sein Handwerk typisch. Extrem schmerzhaft und Furcht einflößend. Zischend schlug er mit dieser in Vei’Lys Richtung. Sie duckte sich unter dem Hieb hindurch, richtete ihren Blaster auf ihn, doch bevor Vei’Lys den Abzug betätigen konnte, zog er die Peitsche zurück und traf ihre Hand.

Klackern fiel einer ihrer Pistolen zu Boden. Mit der anderen Laserpistole feuerte sie dennoch einen gezielten Schuss ab und traf die Brust des Sklaventreibers. Dieser fluchte und stürzte rücklings zu Boden. „Miststück, dafür wirst du bezahlen!“, rief er und holte mit seiner Peitsche aus. Vei’Lys tätigte unbeeindruckt erneut den Abzug und schoss ein Loch in das Handgelenk ihres Kontrahenten. Schmerzerfüllt schrie dieser auf, ließ die Peitsche fallen und umklammerte seine Wunde mit der anderen Hand.

„Da passt perfekt in meine Sammlung“, meinte Vei’Lys, nahm den Griff der Peitsche in die Hand und drehte so Fernandos vorherige Bemerkung um. Langsam zeichnete sich Angst im Gesicht des Sklavenhändlers ab. „Keine Sorge“, fuhr sie fort, „ich mach’s weniger bestialisch.“ Mit diesen Worten feuerte sie eine Salve auf den Mann, woraufhin dieser tot am Boden verharrte.

Vei’Lys scannte schnell den Leichnam mit einem kleinen Gerät ab und verschwand aus dem Raum. „Was ist da drinnen los?“, rief ein Wachmann, der ihr entgegen stürmte. „Sehen Sie nach“, meinte Vei’Lys und ging weiter. Kurz darauf hörte sie den Wachmann rufen: „Mord! Die Mörderin versucht zu fliehen! Fasst die Frau!“ Just in diesem Moment verwandelte sich Vei’Lys in einen dunkelhäutigen Mann mit Glatze und schritt seelenruhig an den herbei stürmenden Wachen vorbei. “Wo ist sie?”, hörte sie jemanden rufen, als sie den Ausgang des Casinos erreichte. Der Griff der ausgeschalteten Energiepeitsche wiegte angenehm schwer in der Hand, während sie überlegte, ob und wie Vei’Lys diesen entsorgen sollte. Schließlich entschied sie sich jedoch dazu, die Waffe zu behalten, denn sie war sich sicher, dass eine zusätzliche Waffe ihr einmal nützlich sein würde.